Mario hat geschrieben: ↑10.02.2019, 13:55... vermute aber, da hier das Wort "Übung" gefallen ist, dass es einfach nur darum geht, bewusst in den Bauch zu atmen. Schlechte Atemtechnik ist bei vielen Spielern ein Grund dafür, dass es niemals cool klingen wird, weil man der Musik anmerkt, dass sie unter Stress entsteht. Mit Hecheln kannst du üben, gezielt in den Bauch zu atmen. Beim Spielen zu hecheln dürfte nicht gemeint sein, zumindest ergibt das für mich überhaupt keinen Sinn.
So weit die wesentlichen Vermutungen, die seinerseits verschiedene Nutzer hier dazu angestellt haben. In dem Bericht von Manfred beschreibt er, daß damit tatsächlich eine Verbesserung der Atemtechnik erzielt werden kann. Der Ausgangspunkt seiner Überlegungen war die Beobachtung, daß unter Meisterspielern vornehmlich in Asien zunehmend mit immer höheren Geschwindigkeiten gespielt wird, die mit herkömmlicher Atemtechnik nicht mehr bewältigt werden können.triona hat geschrieben: ↑24.06.2019, 20:28Würde ich auch so sehen. Hab das nämlich gestern mal probiert, als ich das gelesen hatte. Das gab zwar eine interessante Art von Kehlkopf- und Mundvibrato. (...) Aber das "Hecheln" - so wie ich das verstehe, und wie man das z.B. bei Hunden im Sommer beobachten kann - das kommt dann doch tief aus der Lunge. Wird also vom Zwerchfell gesteuert.
Der Einfachheit halber und zur Vermeidung von Mißverständnissen und Fehldeutungen durch mangelhafte Wiedergabe und Zusammenfassungen zitiere ich hier Manfreds Aufsatz mit seiner freundlichen Genehmigung im Volltext:
Angefügt waren diesem Aufsatz noch 2 Tonbeispiele mit 2 der erwähnten Stücke, eingespielt von ihm selber:Manfred Weichselfelder hat geschrieben: Spieltechnisches Niveau
Ich meine mit spieltechnischem Niveau, welches wir 2017 in Trossingen beim Festival zu hören bekommen haben, und welches sich schon 2013 durch 2 Nordkoreaner angedeutet hatte. Die Möglichkeit, auf einer Mundharmonika jemals so schnell zu spielen wie auf einem Tasteninstrument wurde bis Anfang der 2010er Jahre für nicht möglich gehalten, obwohl Franz Chmel vor ca. 10 Jahren bereits 178 ¼ Schläge pro Minute beim Czardas von Monti gespielt hatte. Nun aber liegt die Messlatte bei 200 Schlägen, wie das Edit Quintett aus Taiwan und inzwischen auch Ex-Weltmeister Ho aus Honkong bewiesen haben. Dies noch bei einer absolut astreinen Intonation. In Gesprächen mit Willi Burger, Jens Bunge, Uwe Warschkow und anderen bemerkte ich aus unterschiedlichen Gründen eine gewisse unterschwellige Resignation, bzw. Lähmung angesichts dieser technischen Leistungen in Asien.
In einem Bericht, den ich bereits vor einem Jahr geschrieben habe, (aber nicht veröffentlichte), um schneller spielen zu können, welcher ein 14-Punkte-Programm umfasste, war mein Schlusssatz: Vielleicht ist uns der 15. Punkt einfach noch nicht bekannt. Um schneller spielen zu können, war schon vor 2010 bekannt, dass man dabei nicht mehr bis zum Zwerchfell durchatmen durfte. Die Technik ist ähnlich wie bei den Sängern, welche da und dort bei verschiedenen Passagen mit der Kopfstimme arbeiten. Es ist ähnlich dem hecheln, welches Frauen anwenden, wenn sie bei der Geburt eines Kindes nicht mehr bis zum Zwerchfell durchatmen können, um noch größere Schmerzen zu vermeiden.
Bei dem Titel Habanera von Maurice Ravel hat Willi Burger schon vor 2010 gezeigt, dass diese Technik bei dem darin vorkommenden Lauf mit 27 Achtelnoten, welche in knapp 3 Sekunden gespielt sind, bei sauberer Spielweise anwendbar ist. Eine ähnliche Passage findet sich bei meinem Czardas Intermezzo, welches Sie im Anhang finden.
Nun aber dauern solche Musiktitel nicht nur 3 Sekunden, sondern 3 Minuten oder länger. Wo liegt also das Geheimnis der asiatischen Spieltechnik? Nach Gesprächen mit Willi Burger und Jens Bunge liegt der Hauptpunkt wohl beim Spielen im Pianobereich, also mit ganz geringem Spieldruck zu arbeiten.
Dies ist deshalb so revolutionär, weil in der Mundharmonikawelt so gut wie niemand piano spielt, schon gar nicht pianissimo. Zugegeben, die Umgewöhnung auf diese Spielweise dürfte viel Zeit benötigen. In Asien wird auch an neuen Konzepten für die Mundharmonika gearbeitet, das heißt, kleinere Schieberöffnungen, vielleicht auch noch dünnere Ventile und selbstverständlich geringster Lösabstand. Denkbar sind auch die Biegemomente bei der Tonzunge zu verändern.
Der Luftbedarf kann also beträchtlich verringert werden bei dieser Spieltechnik. Die Spieltechnik im Pianobereich ist deshalb kein Problem, weil die Mundharmonika auch in diesem Bereich noch einen sehr durchdringenden, deutlichen Ton hat. Auch Toots Tielemann hat lt. Willi Burger ungewöhnlich leise gespielt, und dies mit dem Mikrophon direkt an der Mundharmonika kompensiert.
Derzeit übe ich ein Musikstück, dessen schwierigste Stelle 10 schnelle Noten umfasst, welche gar nicht anders als mit Hechelatmung bewältigt werden kann. Das heißt, wenn Sie die flache Hand auf das Zwerchfell legen, spüren Sie keine Impulse. Zu dieser Spieltechnik möchte ich jeden ehrgeizigen Spieler ermutigen, weil sich dadurch virtuose Spielpassagen erschließen, und somit schwierige Stücke spielbar werden.
Beginnen Sie mit Triolen oder anderen schnellen Passagen, um diese Spielweise zu erlernen. Der Weitsprung Weltrekord von Bob Beamen mit 8,90 m wurde auch gebrochen, und zwar von einem ganz normalen aber ehrgeizigen Menschen. Nun wünsche ich Ihnen viel Spaß und Freude beim üben, und so werden sich sicher neue Welten für Sie beim Mundharmonika spielen auftun.
Manfred Weichselfelder
Beispiel-Aufnahmen von Manfred:
1.) Czardas Intermezzo, Master
https://soundcloud.com/triona-966519605 ... intermezzo
2.) Serenade, Master
https://soundcloud.com/triona-966519605 ... r-serenade
Und hier noch ein Video mit einem weiteren erwähnten Stück:
Piece en forme de Habanera (M.Ravel), Willi Burger (cromatica), Clara Schembari (pianoforte)
https://www.youtube.com/watch?v=2zFnFdxSFSg
Im Gegensatz zu den meisten von uns angestellten Vermutungen zu dieser Technik (einschließlich meiner eigenen), scheint es also bei dieser Art des Hechelns gerade darum zu gehen, daß man für besonders schnelle Passagen und zur Schonung des Atemlufthaushalts gerade nicht auf Zwerchfellatmung zurück greift.
Wobei „Zwerchfellatmung“ hier meint, daß man tief bis in die unteren Bereiche der Lunge einatmet. Stattdessen soll mit hoher Geschwindigkeit eine möglichst flache Atmung angestrebt werden, bei der das benötigte Luftvolumen eben nicht durch die Ausnutzung der tiefen Bereiche der Lunge gewonnen wird, sondern durch die höhere Geschwindigkeit der Atemfrequenz.
Gesteuert wird dies – nach meiner Einschätzung – natürlich schon durch das Zwerchfell. Allerdings zieht dieses hierbei dann nicht bei jedem (tiefen) Atemzug möglichst große Luftmengen durch möglichst große Hubbewegungen in die tiefen Bereiche der Lungen. Dazu bleibt in Anbetracht der angestrebten hohen Spielgeschwindigkeit nämlich gar keine Zeit. Stattdessen wird durch kurze und schnelle, stakkatoartige Bewegungen des Zwerchfells mit jedem Hub jeweils nur eine vergleichsweise geringe Luftmenge bewegt.
Um das erforderliche Gesamtluftvolumen zu erzielen, muß dies aber in wesentlich kürzeren Abständen geschehen, als dies in der Regel beim „normalen Atmen“ geschieht, oder eben auch beim MuHa-Spielen, wenn man einen möglichst „langen Atem“ erzielen will für lang ausgehaltene Töne oder Legati, auch bei langsamer Geschwindigkeit, ggf zusammen mit großer Lautstärke.
Das wurde übrigens auch von Manfred als erläuterndes Beispiel genannt. War also anscheinend gar nicht so weit hergeholt, selbst wenn Boris das möglicherweise eher witzig gemeint haben sollte.
Auch wenn ich mit dieser Technik bislang durchaus ein anderes Klangbild als diese Meisterspieler mit der chromatischen MuHa beabsichtigt und erreicht habe, so ist mein spieltechnischer Ansatz doch nicht so weit entfernt von der beschriebenen Technik. Wobei man allerdings auch bedenken sollte, daß meine spielerischen Fähigkeiten eh bei Weitem nicht an die Kunstfertigkeit dieser Spieler heran reichen.triona hat geschrieben: ↑10.02.2019, 00:52Ich benutze das als Spieltechnik - d.h. Atemtechnik. Das eignet sich zur Erzeugung eines Klangbilds, wie man es auch kennt von Geigen und anderen Streichinstrumenten oder von Handzuginstrumenten (…). Bei der Geige wird dazu der Bogen in schnellen und kurzen Bewegungen rhythmisch auf- und abwärts geführt bei beliebigen Griffen oder offenen Saiten. Bei den Handharmonikas wird dazu der Balg in ebensolchen schnellen und kurzen Bewegungen rhythmisch auf und zu bewegt mit beliebigen Tasten gedrückt oder gespielt.
Aber es lohnt sich anscheinend, in dieser Richtung weiter zu üben. Dabei habe ich auch festgestellt, daß dies nicht nur gewinnbringend ist beim klassischen Spiel mit der Chrom. Sehr gut geeignet ist diese Technik auch, um mit einer doppeldiatonischen Schieber-MuHa (z.B. Seydel Sampler, Brendan Powers Slide Diatonic u.ä.) beispielsweise schnelle Barockstücke oder modale Volksmusik wie z.B. irische Jigs und Reels zu spielen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Manfred hier festgestellt und in seinem Aufsatz näher ausgeführt hat, ist das leise Spielen. Dies erfordert anscheinend ein gewisses Umdenken bei vielen Spielern der Gegenwart. Doch es kann erheblich zu einem besseren Lufthaushalt und zur Verringerung des Luftbedarfs beitragen.
Allerdings erfordert das auch die Entwicklung und Verwendung von besseren Mundharmonikas mit verbessertem Ansprechverhalten, höherer Dichtheit und gesteigerten dynamischen Eigenschaften. Beides ist zwar ebenfalls von großer Bedeutung für die erreichbare Spielgeschwindigkeit. Es gehört allerdings nicht mehr unmittelbar zum Thema Atemtechnik.
liebe grüße
triona