Denzilo hat geschrieben: ↑09.03.2019, 14:12
... Australien bereisen ... Nur weil es zehnmal weiter ist als Europa darfst Du nicht erwarten, dass es zehnmal besser ist. Ähnliches gilt vielleicht auch beim Preisleistungsverhältnis von Harps.
Das gilt nicht nur vielleicht, sondern mit völliger Sicherheit. Die Steigerung beim Preis ist niemals rechnerisch proportional zur Steigerung der Qualität, insbesondere wenn diese noch einer mehr oder weniger subjektiven Beurteilung unterliegt. Je höher die Region von Preis und Leistung ist, desto dünner wird die Luft. Ab einem gewissen Punkt muß für jede weitere auch noch so winzige Steigerung der Qualität eine überproportionale Steigerung des Fertigungsaufwands aufgewendet werden. Dies muß sich auch entsprechend auf den Preis auswirken, genauso wie die Verwendung höherwertiger Rohstoffe, Materialien usw. Hinzu kommt noch, daß im Spitzenbereich nicht durchschnittliche Fähigkeiten eines jeden beliebigen Handwerkers ausreichend sind, sondern auch überdurchschnittliche handwerkliche Fähigkeiten nötig sind, die ebenfalls ihren Preis haben.
Dies gilt nicht nur für Musikinstrumente, sondern auch für Werkzeuge, Maschinen, Fahrzeuge, Elektrogeräte, Schuhe, Lebensmittel und vieles anderes. Wahrscheinlich trifft das für alle Dinge zu, die durch menschliche Arbeit geschaffen werden, und die sich durch mehr oder weniger Aufwand in unterschiedlicher Qualität fertigen lassen.
Als ich ganz am Anfang erwähnt hatte, daß die höchste Preisklasse eine zahlenmäßig deutlich kleinere Zielgruppe hat, wollte ich damit nicht sagen, daß diese Instrumente zu teuer wären. Alles hat eben seinen Preis. Und ein sehr hoher Preis für eine sehr gute Sache kann unter Umständen wesentlich preisgünstiger sein als ein niedrigerer Preis für eine weniger gute Sache. Das kommt immer auf den Einzelfall an, und was man damit machen will, und was es einem wert ist.
Ich besitze z.B. mehrere MuHas in der Preisklasse von 300 bis 500 Euro. Diese spiele ich auch mehr oder weniger regelmäßig. Einige davon sind für die Musik, die ich spielen will, nicht ersetzbar durch irgend eine beliebige andere. (* am Ende noch ein weiteres Beispiel aus einem anderen Bereich)
Nun hatte ich 2016 mal die Gelegenheit, bei Seydel einige Minuten eine Symphony zu spielen. Es ist ein wirklich vorzügliches Instrument. Insbesondere die Ansprache hat mich begeistert. Wenn ich z.B. einen Kanal links oder rechts neben dem Zungenblock und einige Millimeter
außerhalb der Mundwinkel nur ganz leicht und mit nachlassenden Druck effektiv aus mehreren Millimetern Entfernung zum Loch
angehaucht habe (decrescendo / ausblendend), dann ist die entsprechende Stimmzunge noch in Schwingung geraten und hat einen hörbaren sehr sanften ausklingenden Ton erzeugt. Ich habe es beim Probespiel zufällig entdeckt, da ich ja nicht damit gerechnet hatte. Dann habe ich es gezielt wiederholt, und herausgefunden, daß ich da richtig gehört hatte. Das hab ich noch bei keiner anderen MuHa erlebt.
Ich werde mir wahrscheinlich dennoch nicht so bald eine kaufen, wenn überhaupt. Erstens nutze ich derzeit zu selten eine 16/64 Chrom. Das könnte sich zwar möglicherweise ändern, wenn ich eine Symphony hätte. Allerdings stehen da noch einige andere (darunter auch solche aus der 300-€-Klasse) auf meiner Wunschliste deutlich weiter oben. Und das verfügbare Geld ist nun einmal begrenzt.
Hinzu kommt bei der Symphony noch, daß die Schalldeckel aus Alu sind, welches ich ja nicht vertrage. Zwar scheint die Beschichtung durchaus wirksam zu sein, so daß ich beim Probespielen kein Alu-Problem gespürt habe. Aber ich will da lieber erst mal warten, bis mehr Erfahrungen vorliegen über die dauerhafte Haltbarkeit dieser Beschichtung. Und ob das Problem bei längerem Spielen nicht doch auftritt, müßte ich auch erst mal hinreichend ausprobieren können.
Weiterhin kommt noch hinzu, daß es die Symphony nicht ohne den (durchaus sinnvollen, aber von mir nicht benötigten) beheizbaren Koffer und den ganzen anderen Schnickschnack gibt. Dies macht fast 1/4 des Preises aus und erhöht diesen somit noch zusätzlich und für mich ziemlich unsinnig.
Und daß MuHas im Vergleich zu den meisten anderen Instrumenten immer noch verhältnismäßg preisgünstig sind, das ist sowieso außer Zweifel. Selbst die teuersten Spitzeninstrumente kosten nur einen Bruchteil von den meisten anderen Instrumenten, insbesondere wenn man die jeweilige Leistungsklasse vergleicht.
*) Wenn ich schon einmal so weit abgeschweift bin, kann ich dieses Beispiel von den Maultrommeln auch noch bringen. Vlt gefällt euch ja auch das Video.
https://www.youtube.com/watch?v=YeAp1fPt8Eg
Olena ist mein großes Vorbild an der Maultrommel. Unter anderem übe ich auch seit einiger Zeit dieses Stück. Olena schafft es, die Stimmzunge der Maultrommel ohne Anschlag mit der Hand zum schwingen zu bringen, nur durch den Atem. Während sie bei 1:36 bis 2:00 die Feder noch ganz leicht mit der vorbeistreichenden Hand berührt, setzt sie bei 2:10 und 3:36 völlig ohne Handanschlag an. Ersteres habe ich bereits abgeschaut, als ich sie vor 2 Jahren zum ersten Mal auf der Bühne erlebt habe. (Ich sitze nach Möglichkeit immer 1 bis 2 Meter schräg rechts vor ihr.) Ganz ohne Hand habe ich aber seither immer vergeblich versucht.
Vorigen Sonntag habe ich sie in Leipzig mal wieder gehört. Da hat sie das freihändige Spiel noch ausgiebiger gezeigt. Ich habe sie gefragt, wie sie das macht, und ob es die Spieltechnik ist oder die Maultrommel. Ihre sofortige Antwort ohne groß zu überlegen: Die Maultrommel. Ich hab ihr meine gezeigt - immerhin eine ziemlich hochwertige aus Russland für ca 80 €. Ja, die sei schon sehr gut. Aber es gibt noch bessere.
Wenn ich so spielen will, muß ich also nachrüsten. (Mit meinen anderen aus dieser Leistungsklasse geht es auch nicht.) Den Rest kriege ich durch Übung hin. Nur mit dem Pferdegewieher habe ich noch leichte Schwierigkeiten.
Beim nächsten Maultrommelfestival werde ich mich also durch die höchste verfügbare Leistungsklasse durchprobieren müssen, bis ich eine finde, die diesen Ansprüchen genügt. Mit 100 bis 200 € ist da wahrscheinlich mindestens zu rechnen, wenn nicht sogar mehr.
liebe grüße
triona