Seydel Fanfare S

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Hunsrocker
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Seydel Fanfare S

Beitrag: # 128313Beitrag Hunsrocker »

Wow, ich war ja lang nicht mehr hier aktiv und wusste nicht mehr das ich einen Account hier habe, aber egal. Es geht um folgendes. Ich habe mir jetzt eine Seydel Fanfare in G gekauft und habe mal ein paar Fragen dazu, da es hier ja auch Leute gibt die mit ihr spielen.

1: was bringt der Schalltrichter?
2: hat jemand Erfahrung mit den anderen Mundstücken die es gibt (Trapez/Mondform) und wenn ja, welches spielt sich besser?
3: bending funktioniert ja nicht mit einer tremolo. habe ich das richtig gelesen, das man stattdessen oktavieren kann?
triona
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Re: Seydel Fanfare S

Beitrag: # 128362Beitrag triona »

Hunsrocker hat geschrieben: 20.12.2022, 20:07 1: was bringt der Schalltrichter?
Ist ein klein bisserl lauter, aber nicht allzu viel. Kann aber auch sein, daß man das nur selber so empfindet, da der Schall mit dem Trichter ja nach der Seite abgelenkt wird, statt nach vorne, also näher zum Ohr des Spielers als von ihm weg.

Hauptfunktion des Trichters ist ein schönes Hand-Wahwah. Man kann den Klang mit einer Hand am Ausgang des Trichters sehr gut formen. Das ist sozusagen eine mechanische Cupping-Hilfe. Leider hält er bei Seydel nich immer sehr gut. Kann also auch mal beim Spielen ungewollt abfallen. Wenn das auf der Bühne passiert, muß es ohne weiter gehen: :)
https://www.youtube.com/watch?v=zq1Vgwvockc

Auf dem Video siehst du gut die Handhabung und hörst die Wirkung. Und auch die Nachteile des Teils sind zu sehen. Das war übrigens mit einer Fanfare gespielt (außer dem ersten Stück des Videos), allerdings noch keine "S" mit Stahlstimmzungen und runden Anblaslöchern, sondern eine alte mit Messsingstimmzungen und 4-eckigen Anblaslöchern.

Hunsrocker hat geschrieben: 20.12.2022, 20:07 2: hat jemand Erfahrung mit den anderen Mundstücken die es gibt (Trapez/Mondform) und wenn ja, welches spielt sich besser?
Ist Geschmacksache. Muß jedeR selbst ausprobieren, was besser kommt, und was besser am Mund anliegt. Jede Gosch ist schließlich anders. Früher hatten die ja 4-eckige Anblaslöcher. Da finde ich alle Formen mit runden Löchern deutlich besser. Ob Halbmond oder Trapez ist da bei mir egal. Da merke ich dann keinen so großen Unterschied.

Da kommt es eher auf das Material an, Kunststoff, Holz, Stahl, Messing, verchromt, versilbert oder wie auch immer. Da sind dann die Gleiteigenschaften am Mund sehr unterschiedlich. Kommt aber auch sehr auf die Zusammensetzung des Speichels an und auf dessen Menge, und vor allem auf die Kontolle, die man über dessen Menge und Fließrichtung hat.

Ist also auch bei jedem und jeder anders. Muß also auch ausprobiert werden, was am besten kommt. Das mit dem Speichel ist bei mir z.B. an jedem Tag anders, je nach Tageszeit, Gesundheitszustand, Tagesform, was man vorher gegessen oder getrunken hat oder insbesonders nicht getrunken hat, Luftfeuchtigkeit, Umgebungstemperatur und verschiedenen anderen Einflußgrößen, die sich stets ändern können.

Hunsrocker hat geschrieben: 20.12.2022, 20:07 3: bending funktioniert ja nicht mit einer tremolo. habe ich das richtig gelesen, das man stattdessen oktavieren kann?
Wieso "stattdessen"?
Man kann doch mit jeder Mundharmonika oktavieren. Mit Solo-gestimmten - wie auch die Fanfare eine ist - geht das natürlich besser als mit Richter-gestimmten oder anderen, weil da die Tonanordnung in jeder Oktave gleich ist. Man muß nur immer 3 Löcher mit der Zunge abdecken. Dann hat man immer links und rechts von der Zunge 1 Oktave. Und bei der Solo-Stimmung ist das über das ganze Instrument in jeder Oktave immer gleich. Bei anders gestimmten (z.B. Richter) muß man immer aufpassen, ob es auch stimmt, weil es in jeder Oktave anders ist. Aber grundsätzlich möglich ist es auch da.

Selbstverständlich klingen auch die Oktaven bei einer Tremolo niemals rein. Der Schwebton ist da auch bei der Oktave immer dabei. Und wenn die Abstände zwischen den schwebenden Tönen nicht in jeder Oktave und für jeden einzelnen Ton exakt gleich und im richtigen Verhältnis unter einander gestimmt sind, dann kann es schnell einen grauslichen Schwebton-Mischmasch geben, zumindest für empfindliche Ohren.

Man kann die Fanfare aber auch als Oktav-MuHa bestellen. Das geht über den Konfigurator und ist dann eben ein paar Taler teurer. So habe ich mir z.B. ein Paar Stimmplatten machen lassen, mit denen ich eine alte Fanfare, die ich doppelt hatte, umgerüstet habe auf Oktav. Das gab es vor ein Paar Jahren auch mal als zeitlich begrenzt erhältliches Sondermodell:
https://www.seydel1847.de/Harmonika-des ... Maerz-2015

Ich weiß nur nicht, ob es in allen Tonarten möglich ist. Diese MuHa hat dann aber keinen "Tremolo"-Schwebeklang mehr. Entweder man stimmt die Stimmzungen im Schwebtonabstand - also ungefähr auf gleicher Tonhöhe, oder man stimmt sie im Oktavabstand. Beides gleichzeitig geht nicht. Es sei denn, man wählt eine vollkommen andere Bauart der MuHa, bei der über jedes Loch - bzw es ist dann meistens ein Lochgeviert - immer 4 Stimmzungen gleichzeitig angespielt werden können.


liebe grüße
triona
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Re: Seydel Fanfare S

Beitrag: # 128403Beitrag triona »

Mr. Bamhill hat geschrieben:29.12.2022, 11:20 Finde [die Fanfare] ein tolles Instrument mit dem man auch grössere Räume beschallen kann
nur bei höheren Tönen finde ich sie etwas "klirrend"(*)

2 x ja.

Sie ist eben ziemlich hoch. Der Klang der Stahlstimmzungen und der Tremolo-Schwebton verstärken noch das Klirren. Allerdings wird auch die gute Durchsetzungsfähigkeit in größeren Kapellen und in größeren Räumen unterstützt durch die hohe Stimmung. Hohe Töne setzen sich besser durch als tiefe. Man kann eben nicht alles gleichzeitig haben. Alles hat seine 2 Seiten.

Leider ist die Fanfare in tieferen Tonarten als LC (d.h. von LB abwärts bis LG) anscheinend nicht machbar, ohne daß man selber mehr oder weniger tiefgreifend Hand anlegt. (D.h. man muß ggf mehrere bis viele Töne umstimmen.) Wenn es dann weiterhin Tremolo sein soll, wird das Umstimmen einigermaßen fummelig und aufwendig.

Ich habe mittlerweile nachgeprüft: Die tiefste Stimmzunge, die Seydel für die grundsätzlich identischen Baureihen Fanfare S, Deluxe Steel, Saxony und Sampler fertigt ist C3. Damit ist LC die tiefste Stimmung für die Fanfare S, die man im Konfigurator wählen kann.

Mr. Bamhill hat geschrieben:29.12.2022, 11:20 Du besitzt ja eine Oktav gestimmt
Hier meine Frage ...
in welcher Tonart hast du sie?
Meine Oktav-Fanfare ist in C. Im Konfigurator sind nicht alle Tonarten möglich. Das liegt daran, daß bei einer Oktav ja der gesamte Stimmzungensatz eine Oktave tiefer verfügbar sein muß. Und wenn die ganze MuHa 1 Oktave tiefer sein soll, muß die tiefere Stimmplatte um 2 ganze Oktaven tiefer sein als die höhere der Standardstimmung. Da kann es dann am linken Ende schon in den Kontrabaß gehen. Da die tiefste bei Seydel für diese Baureihen verfügbare Stimmzunge C3 ist, ist das normale C die tiefste Tonart, die für eine Oktav-Fanfare möglich ist.

Höhere Stimmplatten (von C# bis HG) sind zwar technisch möglich. Aber das von dir bereits festgestellte Klirren in den höheren Lagen würde dann mit zunehmender Höhe der Stimmung womöglich unerträglich. Das würde ich jedenfalls nicht empfehlen.

Ich habe mittlerweile noch einmal nachgeprüft, was da geht. Es ist kein Zufall, daß ich damals meine Oktav-Fanfare in C gewählt habe. Tiefer wäre mir schon lieber gewesen, abgesehen davon, daß ich in C bereits mehr als genug MuHas habe.

Wenn Seydel eine Stimmzunge in einem bestimmten Ton nicht hat, dann machen sie es nicht. Die stimmen anscheinend ab Werk keine Stimmzungen um einen Halbton, Ganzton oder mehr um. Das kannst du daran sehen, daß dir der Konfigurator in solchen Fällen einen anderen Ton "bestätigt" als den gewünschten (wenn es sich nur um einen einzelnen Ton handelt), oder aber das entsprechende Auswahlfeld gleich unbesetzt läßt (wie in diesen Fällen). Selber umstimmen geht natürlich immer, wenn man es denn kann.

Man sollte in so einem Fall dann eher eine Stimmzunge wählen, die etwas tiefer ist als die benötigte. Da beim Höherstimmen am freien Ende der Stimmzunge Material abgetragen wird, wird diese nicht so sehr geschwächt. Beim Tieferstimmen wird ja am feststehenden Ende der Stimmzunge Material abgetragen. Dadurch kann möglicherweise bei unsachgemäßem Vorgehen eine potentielle Sollbruchstelle geschaffen werden.

Eine ganze Oktave tiefer stimmen als den Ausgangston einer Stimmzunge ist allerdings technisch schlicht unmöglich. Das würde dann nicht mehr gut klingen, falls die Stimmzunge dann überhaupt noch in erforderlichem Maß schwingen kann. Das würde die physikalischen Möglichkeiten des Materials und seiner möglichen Abmessungen bei weitem sprengen.

Dies trifft in besonderem Maß zu bei sehr tiefen Stimmzungen, die an ihrem freien Ende mit schweren Metallgewichten (Verdickungen) versehen sind. Man kann natürlich auch mit Lötzinn selber solche Gewichte anbringen, um eine Stimmzunge tiefer zu stimmen.

So sieht das aus:
https://www.youtube.com/watch?v=eBGtxeCI2VA
So wie es auf den Bildern für mich aussieht, hat Boris die Feile benutzt und an der Wurzel der Stimmzungen Material abgetragen, und kein weiteres Metall an den freien Enden aufgebracht.

Aber so wie der slapt, scheinen die doch noch einiges auszuhalten:
https://www.youtube.com/watch?v=unVmdd1VY9U
Fragt sich bloß, wie lange die das mitmachen. Ich hab bei einer LLE schon mal nach weniger als 1 Jahr eine geschlachtet, die nicht noch tiefer gestimmt war.

Mr. Bamhill hat geschrieben:29.12.2022, 11:20 würdest du sagen die Anschaffung einer Oktav lohnt sich ?
Unbedingt! Die kann klanglich und an Lautstärke schon sehr begeistern. Sie ist leider nicht ganz billig. Man muß schon wissen, was einem dieses Klangerlebnis wert ist. Du mußt allerdings beachten, daß bei der Oktavstimmung kein Tremolo-Schwebeton mehr möglich ist. Entweder das eine oder das andere. Beides zusammen geht nicht bei der Bauart dieser MuHa.


Übrigens: Wenn man sich an die technisch möglichen und sinnvollen Modifikationen und Änderungen an MuHas nicht herantrauen will oder kann, muß man sich eben mit dem begnügen, was das Fertigungsprogramm der Hersteller hergibt. Oder man muß nochmal ein bisserl tiefer in die Tasche greifen und einen der bekannten MuHa-Veredler beauftragen. Für Seydel-MuHas ist das z.B. Ben Bouman. Für Hohner MuHas sind das z.B. Thomas Hanke oder Joel Andersson.


liebe grüße
triona


*) Die Zitate mit den Fragen und ihren Antworten stammen aus einer PN. Meine Antworten gebe ich hier der Einfachkeit halber leicht bearbeitet mit Horsts Einverständnis wieder.
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Re: Seydel Fanfare S

Beitrag: # 128404Beitrag triona »

Übrigens:
Ich habe jetzt mal geschaut, was sich im Konfigurator für die Sailor machen läßt, wenn man sie statt Tremolo als Oktav in Solostimmung konfiguriert. Die Sailor kommt ja serienmäßig in Richterstimmung. Das geht überhaupt nicht ohne meist recht umfangreiche Nachstimmarbeiten - in gar keiner Tonart. Da hakt es dann immer an den Stimmzungen für die oberen Töne.

Sie Skydiver hingegen hätte serienmäßig eine sogenannte "asiatische" Stimmung. Diese ist ja der Solostimung wesentlich ähnlicher als die Richterstimmung, was geringere Unterschiede der einzelnen Stimmzungen zur gesuchten Solostimmung erwarten ließe. Aber diese MuHa wird derzeit von Seydel im Konfigurator überhaupt nicht angeboten.

Ich weiß auch nicht, ob der Kamm und die Stimmplatten bei der Sailor und bei der Skydiver die gleichen sind und somit untereinander austauschbar wären. Der Kamm der Sailor ist jedenfalls schwarz, und der der Skydiver ist blau. Das sagt allerdings nichts darüber aus, ob deren Bauart und Abmessungen nicht vlt doch gleich sind.

Das müßte man also mal bei Seydel nachfragen. (Der kompetenteste Ansprechpartner für solche Fragen ist meistens Bertram Becher.) Nicht alles was technisch möglich ist, wird auch im Konfigurator auf der Internetseite angeboten. Aber Sonderwünsche auf Anfrage sind durchaus möglich. Man muß sowas eben immer nachfragen. Es empfiehlt sich auch, den Preis für solche Sonderanfertigungen im Voraus abzuklären. In der Regel liegt der bei Seydel immer ca 30 € über dem des entsprechenden Serienmodells.

Auch die serienmäßig als Oktav-MuHa erhältlichen Modelle Concerto und Club Steel habe ich bislang im Konfigurator noch nicht entdecken können. Da wären ja schon mal die tiefen Stimmzungen für die 2. Oktave vorhanden. Ob allerdings alle benötigten Stimmzungen über den ganzen Tonumfang hinweg verfügbar sind, um die Instrumente in Solostimmung zu konfigurieren anstatt Richter, entzieht sich meiner Kenntnis. Das müßte man auch bei Seydel erfragen.


liebe grüße
triona
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