Wie spiele ich interessante Soli...

Fragen zu speziellen Riffs oder Techniken bestimmter Stücke, alles über Bending, Overblow und andere Techniken.

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BluesTrainee
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Wie spiele ich interessante Soli...

Beitrag: # 99324Beitrag BluesTrainee »

Moin zusammen,

häufiges Problem bei Sessions ist ja leider auch, dass die Variabilität der Stücke die gespielt werden etwas schmal ausfällt. Frei nach dem Motto: Ein Shuffle in E geht immer..."

Daher habe ich mich einmal damit auseinandergesetzt wie wir eigentlich als Bluesharp- Spieler darauf reagieren können. Denn auch beim 3. Shuffle in E in Folge möchte man noch ein interessantes und vom Vorherigen "unabhängiges" Solo bringen.

Hier meine Gedanken dazu:
http://myworldofblues.com/?p=500

Meine Frage an euch ist nun: Macht ihr euch Gedanken in diesem Zusammenhang oder spielt ihr einfach immer voll drauflos? Wie häufig passiert es euch, dass ihr selber feststellt: "Oh man jetzt hab ich schon wieder diesen oder jenen Lauf gespielt..."??

Bin gespannt auf eure Meinungen!

Beste Grüße
René
BBHarpy
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Beitrag: # 99332Beitrag BBHarpy »

Hi,
stecke 100 Bluesharper in einen Raum und ein Playback.... Zu 99% hört sich alles gleich an.... Der, der sich nicht gleich anhört denkt anders. ....Andere Harp, andere Position, oder er denkt ein anderes Instrument beim Solo....phrasierungen bei Harpern sind nun mal anders als zB beim Saxman oder E- Gitarre....also mal über den Tellerrand schauen,hören,spielen...
Gruß Ralf
BBH Microphones
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becher95
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Beitrag: # 99381Beitrag becher95 »

Mein Tipp: Rhythm is the key! ...und dann noch eine Geschichte erzählen...weg mit den eingefahrenen Licks... Gruß Bertram

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BluesTrainee
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Beitrag: # 99390Beitrag BluesTrainee »

Hallo Ralf, hallo Bertram,

´ein anderes Instrument denken´ finde ich klasse! Meinst du das geht auch wenn man dieses andere Instrument noch nie gespielt hat bzw. nicht weiter kennt? Vieles kann man sicher auch vom Zuhören mitnehmen... oder?

Dementsprechend kann man natürlich auch in "Schlagzeug" also Rhythmus denken.

´Eine Geschichte erzählen´ ist sicher aus einer höheren Ebene betrachtet aber ebenso hilfreich. Ich benutze diesen Ausdruck auch häufig in meinen Workshops. Um dies jedoch irgendwie greifbar zu machen, ist dies bei mir häufig gefolgt von ´Wer eine Geschichte erzählen will, muss erst mal sprechen lernen." Also Wörter, ganze Sätze und ihre Zusammenhänge... So komme ich dann bspw. auf die Blues Skala...

Welche Geschichten erzählst du, Bertram? Welche Wörter wählst du aus, um sie zu erzählen? Wie würdest du die Wörter mit denen du erzählst umschreiben, sind es nicht Licks oder Riffs? Sind es eher Skalen oder Positionen die du zu einer Geschichte formst?

Bin gespannt wie ihr das seht.

Beste Grüße
René
BBHarpy
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Beitrag: # 99394Beitrag BBHarpy »

Hi Rene,
Die Storry entsteht vor allem durch das Wiederholen und Abwandeln von Licks....
Spiele einen kleines Lick, wiederhole diesen und das Ende wird ein wenig abgewandelt...so kannst Du aus 1000000000 Licks ebenso viele Storrys schaffen.... Dies ist die einfachste Form eine Storry zu erzählen....kniffliger wird es wenn ich im Solo offen erzähle....ohne Wiederholungen einzubauen....diese Solos interessant zu halten ist ein weiteres Level
Du must nicht Gitarre können um sie auf der Harp zu imitieren.....höre Phrasierungen usw und übe diese, macht irre Spaß ......( Gitarre nur als Beispiel )
Die Bluesharp hat weitaus mehr zu bieten als den normalen Bluesharpsound....
Gruß Ralf
Zuletzt geändert von BBHarpy am 15.10.2015, 12:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Phronk
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Beitrag: # 99402Beitrag Phronk »

Hallo Rene,

"ein anderes Instrument denken" geht durchaus auch ohne selbiges zu spielen. Dafür ist es in erster Linie wichtig dieses Instrument möglichst häufig zu hören.

Wenn man sich mal Bluessachen von Großen Jazzern wie Miles Davis oder Freddie Hubbard auf der Trompete, oder Saxofonisten wie Sonny Rollins oder Orgellines von Jimmy Smith anhört kann man da schon ne Menge rausziehen!

Nicht das ich da der allerbeste der Welt drin währe, aber ich arbeite daran! ;)

Grüße

Frank
Phronk
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Beitrag: # 99403Beitrag Phronk »

Ergänzung:

Allerding habe ich in meinem doch recht langen Musikerleben die Erfahrung gemacht dass man das Denken vielleicht auch mehr auf das Hören, Üben und Erarbeiten beschränken sollte. Beim spielen stört mich zu viel denken.

Klar sollte man eine ungefähre Vorstellung davon haben wo man denn so ungefähr mit der Improvisation hin möchte aber dann kann man auch schon mal einfach laufen lassen.

Das sind zumindest meine Erfahrungen mit Improvisation.

Irgend ein Jazzer hat mal sinngemäß gesagt "lerne die Regeln, vergiss sie wieder und dann spiele!

Grüße

Frank
BBHarpy
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Beitrag: # 99408Beitrag BBHarpy »

Hi Frank,
Jeep so meinte ich es auch....das mit dem anders Denken ist fürs Üben gemeint...
Gruß Ralf..
8)
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Mario
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Beitrag: # 99417Beitrag Mario »

Besonders herausgestochen ist für mich der Satz "Oh man jetzt hab ich schon wieder diesen oder jenen Lauf gespielt..."

Ich kann für mich sagen: ja, das hab ich schon sehr häufig gedacht. Phasenweise mehr oder weniger. Manchmal so oft, dass ich die Harp einige Tage nicht mehr angefasst habe. Und obwohl sich das negativ liest, möchte ich klarstellen: Ich finde daran gar nichts schlimm. Es ist aus meiner Erfahrung immer ein Teil der Entwicklung. In dem Moment, in dem du dir selbst auf die Nerven gehst, ist der Punkt gekommen, an dem du deine Licks variierst. Das mag nur eine andere Note oder ein vorgezogener Ton sein, aber es ist etwas Neues daraus geworden.

Analysiert mal die alten Größen, da hört man ständig die gleichen oder leicht abgewandelten Licks. Egal ob man sich Terry, Horton oder Butterfield anhört, die machen dauernd dasselbe und es klingt immer wieder gut.

Bis man soweit ist, dass man spontan eine Geschichte mit dem Solo erzählt, hat man schon 35278 Standardlicks bemüht und muss auch gar nicht mehr groß über das Thema nachdenken.
Du suchst ein gutes Lehrbuch? Nimm meins!
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BluesTrainee
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Beitrag: # 99467Beitrag BluesTrainee »

... gerade wenn ich als One Man Band auf der Bühne bin, lege ich mir einen bestimmten Rahmen für die einzelnen Soli zurecht. Ansonsten fällt man leider zu oft in die alten Gepflogenheiten zurück und gerade der "normale" Zuhörer erkennt keinen Unterschied mehr. Von David Barrett hörte ich davon das erste mal. Bei seinem Workshop empfahl er, sich innerhalb eines Solos auch nur einige, wenige Effekte zu erlauben. Es ist erstaunlich wie gut das funktioniert. Die Songs besonders aber die Soli vermischen sich nicht so schnell...

Beste Grüße
René
becher95
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Beitrag: # 99470Beitrag becher95 »

Hier noch ein paar Gedanken zum Aufbauen interessanter Soli, die ich mir selbst im Lauf der Jahre zueigen gemacht habe:

-sich in einen Song einfinden: Vor allem bei Jam-Sessions ist es gut, wenn man vorher mal reinhört, welche Stimmung die Band gerade erzeugt, oder welchen Style sie bedient...ich frage mich dann immer: Was könnte der Song zusätzlich gebrauchen...wenn der Song schon zu lange "hoch kocht" kann man kurz bevor man selbst an der Reihe ist, erstmal die Band durch Handzeichen dazu bewegen leise zu spielen...das ist gut für die Zuhörer und gibt "Luft" für den Aufbau eines eigenen Solos, dass dann ruhig mal mit einem einfachen langen, fetten Ton beginnen darf, nachdem man eine schöne "Kunstpause" eingebaut hat...

-Andere Instrumente "nachahmen": Es lohnt sich immer ein gutes Gitarrensolo ode Sax-Solo auseinanderzupflücken...man kommt auf neue (teilweise zunächst unbequeme) Phrasierungen, die alles andere als Harp-typisch sind...wenn man die Zuhörer (und sich selbst) immer mit Stereotypen füttert, die schon 1000 mal gehört wurden, dann wirds eben auch langweilig (das geht mir bei GAANZ vielen an sich toll gespielten Blues-Scheiben so)....ein paar Gitarrenlicks oder Saxphrasen helfen schon...meisterlich konnte das zB Paul Delay, der mich IMMER überraschen konnte.

-Mut zu Ungewöhnlichem: Ein anfangs "schräger/falscher" Ton kann der Kern eines interesanten Solos werden. Der Landepunkt einer Phrase muss nicht immer der Grundton des Akkords (meist 2 ziehen ;-)) sein! Wenn man eine Weile lang mal bewußt darauf verzichtet, entdeckt man viel Neues.

-Ein Geschichte erzählen: Ein 12-Takter enthält mMn eine Art Dramaturgie, oder anders ausgedrückt einen Spannungsbogen - genauso wie eine gute "Kurzgeschichte"... zB: Der Sänger hat etwas zu sagen (Takt 1-4), wiederholtes dann nochmal (5-6), die Band antwortet ihm (7-8) - der Sänger kommt zur Quintessenz senier Geschichte (Takte 9-10, IV+V DOMINANTE) und dann fällt die Stimmung ab (11-12) oder eine neue Erzählrunde wird eingeleitet (Turnaround über die V)...wenn man als Solist diesen Plot im Kopf hat, kann man besser dosieren und auch mit viel Dynamik arbeiten. Das geht über pure "Call& Response" hinaus.

-Call und Response ist mMn das wichtigste Element beim Begleiten mit der Harp....aber das ist ein anderes Thema. Das hat was mit Kommunikation zu tun - Zuhören (= Klappe halten ;-)) und Antworten, wenn man dran ist. Für sein eigenes Solo kann man Call and Response aber trotzdem einsetzen - eine kurze Phrase ist der "Call" und diesen beantwortet man dann selbst (Response). Der Call kann zB immer ziemlich ähnlich sein und die Antwort jeweils variiert werden, oder auch anderherum.

-Rhythmus geziehlt üben und einsetzen: Ein guter Shuffle ist klasse, keine Frage - es reicht aber vollkommen, wenn die Backing-Band den Groove durchzieht...der Solist darf und soll aus diesem "Korsett ausbrechen" ... das gute alte tattah-tatah wird schnell öde...daher sollte man sich über Begriffe wie "Offbeat", binärer vs. ternerem Beat, Synkopen und VOR ALLEM das gezielte Setzen von Pausen bewußt sein! Mal zuhause auf einem Cajon rumprügeln kann nicht Schaden - dabei entwickelt man ein gutes Körpergefühl für Rhythmus (man könnte auch Tanzen ;-) ) - ab und ann kann man sich aber auch durchaus auch genau auf den Beat der Band setzen und ihn dadurch verstärken oder Spannung aufbauen - aber eben nicht ständig.

-Sich immer wieder selbst überraschen: Das ist nicht so einfach wie es klingt - mit einem Mix aus dem oben gesagten, sollte es aber klappen...Improvisation bedeutet direkt übersetzt "Nicht-vorher-gesehen" - einen besseren Ausdruck hätte man nicht finden können!

Have fun!

Bertram
BluesTrainee
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Beitrag: # 99472Beitrag BluesTrainee »

Hi Bertram,

vielen Dank für deine Ausführungen. Da liege ich mit meinem ursprünglichen Artikel (Link oben) gar nicht so fern...
:-D :-D Auch wenn ihn keiner gelesen hat :-D :-D

Beste Grüße
René
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